Wirbelsäule


Die menschliche Wirbelsäule (lat. columna vertebralis) hat zwei verschiedene Aufgaben. Zum einen hält sie den Körper aufrecht und trägt die Last von Kopf, Rumpf und Armen. Zum anderen dient sie aber auch als Schutz für das im Wirbelkanal verlaufende Rückenmark.

Die Wirbelsäule selbst ist aus verschiedenen Einzelelementen zusammengesetzt. Diese bestehen einerseits aus festem Knochen (Wirbelkörper), andererseits aber auch aus relativ weichem Knorpel (Bandscheiben). Von vorne betrachtet ist eine gesunde Wirbelsäule absolut gerade. Von der Seite betrachtet formen die Wirbel und Bandscheiben eine doppelte S-Form, die der Wirbelsäule ihre typische Form gibt. Durch diese spezielle gewölbte Form kann die Wirbelsäule Erschütterungen abschwächen und gleichmäßig auf den kompletten Körper verteilen.

Aufbau der Wirbelsäule

Aufgebaut ist die Wirbelsäule durch 24 freie und 2 verschmolzene Wirbel (lat. vertebra), 23 Bandscheiben (lat. disci intervertebrales) und zahlreiche Bänder (lat. ligamenta). Letztere gewährleisten einen festen Zusammenhalt und auch die Beweglichkeit der einzelnen Wirbel untereinander.
Anatomie der menschlichen Wirbelsäule
Die 7 Halswirbel der Wirbelsäule (Wirbel C1 bis C7) und die 5 Lendenwirbel (L1 bis L5) sind von der Seite betrachtet jeweils nach vorne zu Brust und Bauch hin gekrümmt. Diese Krümmung nennt man in der Fachsprache eine Lordose, man spricht also von der Halslordose und der Lendenlordose. Sowohl die 12 Brustwirbel (Th1 bis Th12) als auch die Kreuzbein- (S1 bis S5) und Steißbeinwirbel sind nach hinten gekrümmt. Diese Art der Krümmung nennt man eine Kyphose. So entsteht also zum einen die Brustkyphose, zum anderen die Sakralkyphose.

Die so entstehende doppelte S-Krümmung der Wirbelsäule wirkt wie eine Feder, die Erschütterungen, wie sie bei jeder Bewegung des Körpers entstehen, abfedert und gleichmäßig auf die gesamte Wirbelsäule verteilt. So kann zum Beispiel das recht empfindliche Gehirn vor den doch recht heftigen Erschütterungen, die beim Gehen entstehen, geschützt werden.

Die ersten 24 Wirbel der Wirbelsäule, angefangen beim C1 der Halswirbelsäule bis hin zum L5 der Lendenwirbelsäule, sind die sogenannten freien Wirbel. Sie sind nicht fest miteinander verbunden, sondern werden nur durch zahlreiche Bänder zusammengehalten. Hierdurch ist der menschliche Körper in dieser Region beweglich, kann sich beugen, strecken und zur Seite neigen. Die Wirbel der Sakralwirbelsäule (die Kreuzbein- und Steißbeinwirbel) sind untereinander verschmolzen, das heißt sie sind starr und können sich nicht wie die oberen Wirbel frei bewegen.

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Aufbau der Wirbel

Grundsätzlich ist jeder Wirbel nach dem gleichen Grundschema aufgebaut. Er besteht immer aus dem Wirbelkörper, dem Wirbelbogen, zwei Querfortsätzen, einem Dornfortsatz und vier Gelenkfortsätzen. Zusätzlichen besitzen die Brust- und Lendenwirbel noch zwei Zitzenfortsätze.

Der Wirbelkörper (lat. corpus vertebrae) hat eine rundlich bis ovale Form und ist oben und unten jeweils mit einer Deckplatte versehen, an denen die Bandscheiben anliegen und Bänder zur Festigung und Beweglichkeit der Wirbelsäule angebracht sind. Der Wirbelkörper ist immer nach vorne (also Richtung Brust und Bauch) ausgerichtet und macht im Brust- und Lendenwirbelbereich den größten Teil des Wirbels aus.

Arzt zeigt auf einen WirbelDer Wirbelbogen (lat. arcus vertebrae) sitzt mit seinen sogenannten Füßchen (lat. pediculus arcus vertebrae) rückseitig am Wirbelkörper an und bildet hufeisenförmig ein Wirbelloch (lat. foramen vertebralae) zum Wirbelkörper hin. Die so entstehenden Wirbellöcher der einzelnen Wirbel bilden den Wirbelkanal (lat. canalis vertebralis), in dem das Rückenmark verläuft.

Die Querfortsätze (lat. processus transversus) erstrecken sich jeweils rechts und links vom Wirbelbogen hinaus und dienen als Ansatzpunkt für Bänder und Muskeln. In den Halswirbeln C1 bis C6 sind diese Querfortsätze durch ein Loch (lat. foramen transversarium) durchbohrt. Durch dieses ziehen sich die Arteria und Vena vertebralis sowie der Nervus vertebralis. An den Brustwirbeln Th2 bis Th10 sitzen jeweils rechts und links die Rippen an.

Der Dornfortsatz (lat. processus spinosus) steht rückwärtsgerichtet auf dem Wirbelbogen. An diesen Dornfortsätzen setzen ebenfalls Bändern, als auch ein Teil der Rückenmuskulatur an. Zusammen mit den Querfortsätzen haben sie eine gewisse Hebelwirkung, die die Wirkung der einzelnen Muskeln unterstützt. Der Atlas (der erste Halswirbel) besitzt als einziger Wirbel keinen Dornfortsatz, sondern ist stattdessen mit einem kleinen Höcker (dem Tuberculum posterius) ausgestattet. Auch beim Kreuzbein ist kein richtiger Dornfortsatz mehr zu erkennen. Hier sind sie zur sogenannten Crista sacralis mediana, einem knöchernen Kamm, verbunden.

Die vier Gelenkfortsätze (lat. processus articulares), zwei nach oben (superior) und zwei nach unten (inferior) gerichtet, bilden die echten Gelenke zwischen den Wirbeln. Dabei stehen die inferioren Gelenkfortsätze immer in Verbindung mit den superioren Gelenkfortsätzen des darunterliegenden Wirbels. Den Zitzenfortsatz (lat. processus mamillaris) findet man nur an den Wirbeln im Brust- und Lendenwirbelbereich. Er sitzt jeweils auf den nach oben gerichteten Gelenkfortsätzen.

Aufbau der Halswirbelsäule

Die Halswirbelsäule (lat. pars cervicalis) besteht aus sieben Wirbeln. Im Gegensatz zu den Brustwirbeln und Lendenwirbeln sind diese Wirbel relativ klein und zart, aber dennoch stark genug, um das komplette Gewicht des Kopfes zu tragen und ihn aufrecht zu halten und zu bewegen.

Die zwei obersten Halswirbel, der C1 und der C2, werden in der Fachsprache Atlas und Axis genannt. Der Atlas ist für die Auf- und Abbewegungen des Kopfes zuständig, der Axis für die Drehbewegungen. Dieser obere Teil der Halswirbelsäule wird zusammen mit der unteren Schädelbasis als Kopfgelenk bezeichnet. Der Atlas besitzt im Gegensatz zu den restlichen Wirbeln keinen Wirbelkörper. Dies ist für die Gelenkbewegung der beiden obersten Wirbel von Vorteil, denn nur so kann ein besonderer, nur am Axis vorhandener Knochenvorsprung (lat. dens) nach oben in den Atlas hineinragen und beide Wirbel zu einem kompletten Gelenk miteinander verbinden. Erst hierdurch werden ungehinderte Drehbewegungen des Kopfes möglich. Zwischen Atlas und Axis findet man aufgrund dieses Knochenvorsprungs auch keine Bandscheibe.

Der C7, der unterste Halswirbel, wird oft als hervorstehender Wirbel (lat. vertebra prominens) bezeichnet, denn sein Dornfortsatz ragt bei vielen Menschen so weit nach hinten hinaus, dass er am unteren Ende des Nackens gut zu sehen und zu tasten ist.

Im Bereich der Halswirbelsäule gehen aus dem Rückenmark auf jeder Seite acht Nervenstränge hervor, die sogenannten Spinalnerven. Im oberen Bereich der Halswirbelsäule von C1 bis C4 bilden diese Spinalnerven das Halsgeflecht (lat. plexus cervicalis), das für den Hals und die Halsmuskulatur zuständig ist. Die unteren Halswirbel C5 bis C7 bilden zusammen mit dem ersten Wirbel der Brustwirbelsäule (Th1) das Armgeflecht (lat. plexus brachialis), welches für die obere Brust- und Armmuskulatur zuständig ist.

Aufbau der Brustwirbelsäule

Die Brustwirbelsäule (lat. pars thoracalis) besteht aus zwölf Wirbeln. Sie sind im Gegensatz zu den Halswirbeln recht kräftig und stabil, denn sie bildet den rückwärtigen Halt der einzelnen Rippen und damit des gesamten Brustkorbs. Jede einzelne Rippe ist am hinteren Ende über ein kleines Gelenk (Rippenköpfchen, lat. caput costae) mit dem Querfortsatz eines Brustwirbels verbunden. Über diese Gelenke wird der Brustkorb beweglich, das heißt er kann sich bei jeder Atembewegung ausdehnen und danach wieder zusammenziehen.

Die Dornfortsätze überlagern sich im Bereich der Brustwirbelsäule wie Dachziegel. Durch die nach hinten gekrümmte Form dieses Abschnittes der Wirbelsäule wird somit über die Dornfortsätze ein gewisser Schutz für die darunterliegenden Wirbel erreicht.

Auch im Bereich der Halswirbelsäule gehen aus dem Rückenmark die Spinalnerven hervor. Dieses Geflecht an thorakalen Spinalnerven (lat. nervi thoracici) versorgt den kompletten Brustbereich.

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Aufbau der Lendenwirbelsäule

Die Lendenwirbelsäule (lat. pars lumbalis) besteht aus fünf Wirbeln. Als unterer Teil der Wirbelsäule müssen sie einen hohen Anteil des Körpergewichts tragen und sind deshalb nicht nur verhältnismäßig groß, sondern auch sehr belastbar.

Ab dem zweiten Lendenwirbel L2 verläuft im Spinalkanal kein Rückenmark mehr, sondern lediglich ein Geflecht aus Nerven, das das Becken und die Beine versorgt. Das Nervengeflecht, das aus den aus Wirbeln Th12 bis L4 abgehenden Spinalnerven besteht, wird Plexus lumbalis genannt. Diese Nerven sind zuständig für die Versorgung der Hüfte als auch der Beine. Die Spinalnerven, die aus den Wirbeln L5 und S1 hervorgehen, bilden den Plexus sacralis, der für die Muskeln an der Ober- und Unterschenkelrückseite bzw. des Fußes zuständig ist.

Aufbau des Kreuzbeins

Das Kreuzbein (lat. os sacrum) hat eine etwa keilförmige Form. Entstanden ist das Kreuzbein durch eine Verschmelzung (der sogenannten Synostose) der einzelnen Kreuzwirbel. Die einzelnen Wirbel (fünf in der Zahl) lassen sich durch Verwachsungslinien (lat. lineae transversae) allerdings immer noch gut erkennen. Zusammen mit Hüftbein und Darmbein bildet das Kreuzbein eine Einheit, den Beckengürtel.

Die aus den Wirbel S2 bis S4 abgehenden Spinalnerven bilden den sogenannten Plexus pudendus. Dieser ist hauptsächlich zuständig für die Regulierung von Stuhl- und Harnentleerung, als auch die Beckenbodenmuskulatur und die Muskulatur im Genitalbereich.

Die Bandscheibe

Der Mensch besitzt 23 Bandscheiben (lat. discus intervertebralis). Zu finden sind sie zwischen jedem freien Wirbel, mit Ausnahme des ersten und zweiten Halswirbels. Sie dienen als elastische Bindeglieder zwischen zwei Wirbelkörpern, die eine Beweglichkeit der Wirbelsäule ohne Probleme ermöglichen.

bandscheibe

Jede Bandscheibe besteht aus zwei Teilen: einem festen, äußeren Ring aus Fasern (lat. anulus fibrosus) und einem innengelegenen Kern aus Gallertmaße (lat. nucleus pulposus), der zum Großteil aus Wasser besteht. Der Nucleus pulposus dient aufgrund seines hohen Wassergehaltes als Stoßdämpfer. Wird Druck auf die Bandscheibe ausgeübt, verliert sie Flüssigkeit und wird dünner. Hierdurch schrumpft ein Mensch am Tag bis zu etwa drei Zentimeter. Bei Entlastung im Liegen, also nachts beim Schlafen, saugen die Bandscheiben wieder wie ein Schwamm Flüssigkeit auf und regenerieren sich.

Die Abgabe und das Aufsaugen von Flüssigkeit ist der einzige Weg, über den die Bandscheiben mit Nährstoffen versorgt werden können. Der Druckwechsel bei Be- und Entlastung der Wirbelsäule ist demnach eine Grundvoraussetzung für den Stoffwechsel einer Bandscheibe und damit auch für deren Gesundheit. Je weniger die Wirbelsäule belastet und bewegt wird, desto weniger wird die Bandscheibe also mit Nährstoffen versorgt. Das gleiche gilt aber auch umgekehrt. Wird die Bandscheibe dauernd überbelastet (Druck ohne Chance auf Entlastung), kann sie ebenfalls keine Nährstoffe aufnehmen und ist dementsprechend unterversorgt.

Die Wirbelsäulenbänder

Die gesamte Wirbelsäule besteht aus vielen einzelnen Wirbelkörpern und Bandscheiben, die nur über eine Verknüpfung durch entsprechende Bänder zu einer kompletten Einheit verbunden werden. Durch diesen einzigartigen Aufbau ist sie sowohl stabil und belastbar, als auch gleichzeitig beweglich. Auf der gesamten Länge der Wirbelsäule erstrecken sich dementsprechend stabile Bänder, die je nach Lage verschiedene Aufgaben haben.

Das vordere Längsband (lat. ligamentum longitudinale anterius) zieht sich von oben nach unten über die Vorderseiten der Wirbelkörper. Es stellt somit eine stabilisierende Grenze der Wirbelsäule in Richtung Hals, Brust und Bauch dar. Das hintere Längsband (lat. ligamentum longitudinale posterius) verläuft spiegelbildlich zum vorderen Längsband an der hinteren Fläche der Wirbelkörper und kleidet den vorderen Bereich des Wirbelkanals aus.

Den freien Raum zwischen den Wirbelbögen der einzelnen Wirbel nehmen die sogenannten gelben Bänder ein (lat. ligamenta flava). Sie grenzen somit das Wirbelloch sowohl nach vorne als auch nach hinten ab. Die Bänder verdanken ihren Namen ihrer gelblichen Farbe, die durch ein scherenartig angeordnetes, elastisches Faserngitter hervorgerufen wird. Die gelben Bänder sind auch im Ruhezustand, das heißt im aufrechten Zustand des Körpers, angespannt, wodurch sie beim Wiederaufrichten aktiv mithelfen, um ihren Originalzustand wiederzuerlangen.

Die zwischen den Querfortsätzen liegenden Bänder (lat. ligamenta intertransversaria) bilden ein kräftiges Netz von Bändern, die die Querfortsätze der einzelnen Wirbel miteinander verbinden. Das Gleiche tun die Zwischendornfortsatzbänder (lat. ligamenta interspinalia). Sie ziehen sich von Dornfortsatz zu Dornfortsatz und verbinden somit auf der Rückseite der Wirbelsäule die einzelnen Wirbel.

Während sich die Ligamenta interspinalia nur von Dornfortsatz zu Dornfortsatz erstrecken, zieht sich das Überdornfortsatzband (lat. ligamentum supraspinale) vom C7 hin bis zum Kreuzbein. Es ist das am weitesten hinten gelegene Band der Wirbelsäule. Zusammen mit dem vorderen und hinteren Längsband fungiert das Überdornfortsatzband als vertikale Stütze der Wirbelsäule. Dieses lässt den Menschen aufrecht gehen und verleiht der Wirbelsäule eine mechanische Stabilität.

All diese Bänder geben den einzelnen Wirbel der Wirbelsäule nicht nur Halt, sondern auch Beweglichkeit. Unterstützt werden diese Bänder von zahlreichen Rückenmuskeln, die dem Menschen dadurch verschiedene Bewegungsmöglichkeiten anbieten. Hierzu zählen die Flexion (Beugung nach vorne), die Extension (Streckung nach hinten), die Lateralflexion (Neigung zur Seite) und die Rotation (Drehen zur Seite).

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Erkrankungen der Wirbelsäule

Es gibt eine Reihe von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen, die zu Rückenschmerzen und Beeinträchtigungen der Beweglichkeit führen können. Einer der häufigsten Gründe für Beschwerden an der Wirbelsäule ist der Bandscheibenvorfall (Diskushernie), der in den meisten Fällen (90 Prozent) die Lendenwirbelsäule betrifft. Er kann aber auch an der Halswirbelsäule (10 Prozent) auftreten. Es handelt sich dabei um den Austritt von Teilen der Bandscheibe in den Wirbelkanal.

Von chronischen Rückenschmerzen spricht man bei Schmerzen, die länger als 12 Wochen andauern. Sie werden meist durch einen Verschleiß der Bandscheiben verursacht. Darüber hinaus können Haltungsfehler, Bewegungsmangel und Überbelastungen für chronische Rückenschmerzen ursächlich sein.

Verursacht durch

  • degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule,
  • Fehl- und Dauerbelastungen oder
  • ein Schleudertrauma

kann es auch zu einem sogenannten HWS-Syndrom (Zervikalsyndrom) kommen, das sich unter anderem durch Rücken- und Nackenschmerzen, Muskelverspannungen im Halsbereich oder Kopfschmerzen äußert.