Das Knie – Anatomie und Funktion
Das Knie bildet das größte Gelenk im menschlichen Körper. © Piotr Marcinski / Fotolia
In der Alltagssprache wird es häufig nur als „Knie“ bezeichnet, gemeint ist dann allerdings das Kniegelenk, in der Fachsprache auch Articulatio genus genannt. Es ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers und wird tatsächlich den ganzen Tag von uns beansprucht. Laufen, Treppensteigen, Sitzen – jede Bewegung und sogar Ruhephasen belasten das Kniegelenk mehr oder weniger stark. Im gesunden Knie haben Sie dabei keine Schmerzen, dank der ausgeklügelten Anatomie des Gelenks.
Mehr über den Aufbau des Kniegelenks, wie es funktioniert und welche Beschwerden auftreten können, erfahren Sie hier.
Konstruktion des Kniegelenks
Ohne Gelenke wäre der Körper völlig starr. Deshalb benötigt der Körper für eine gute Beweglichkeit diese flexiblen Verbindungen zwischen den Knochen. Im Knie verbinden sich der Oberschenkelknochen (Femur), die Kniescheibe (Patella) und das Schienbein (Tibia) miteinander. Das Zusammenspiel aus Knochen und Knorpeln, Muskeln, Sehnen und Bändern im Kniegelenk ergibt zusammen ein Dreh-Scharnier-Gelenk.
Das Kniegelenk von vorne und seitlich betrachtet: Ober- und Unterschenkelknochen, Bänder und Menisken verbinden sich zum Kniegelenk. © toricheks / Fotolia
Zwei Einzelgelenke für mehr Beweglichkeit
Genau genommen ist das Kniegelenk ein zusammengesetztes Gelenk aus zwei Einzelgelenken:
- dem Kniescheibengelenk oder Femorpatellagelenk (Articulatio femoropatellaris) zwischen dem Oberschenkelknochen und der Kniescheibe
- und dem Kniekehlgelenk oder Femorotibialgelenk (Articulatio femorotibialis) zwischen dem Oberschenkelknochen und dem Schienbein.
Durch diesen Aufbau ermöglicht uns das Kniegelenk die Beugung und Streckung des Beins. Dabei gleitet die Kniescheibe in einer speziellen schmalen Rinne über den Oberschenkelknochen. Eine leichte Ein- und Auswärtsdrehung ist auch in gebeugtem Zustand möglich, zum Beispiel wenn Sie die Beine übereinander schlagen oder im Schneidersitz sitzen.
Zudem wird besonders das Kniescheibengelenk zum Teil mit mehr als dem Sechsfachen des Körpergewichts belastet. Bei einem 70 kg schweren Erwachsenen arbeitet das Kniegelenk also mit einer Last von bis zu 420 kg! Das Knie muss diesen Spagat zwischen großer Belastbarkeit und ausreichender Beweglichkeit mit seinem anatomischen Aufbau und dessen Strukturen bewältigen.
Aufbau des Kniegelenks – Bänder und Sehnen
Das Kniegelenk an sich ist wenig stabil. Verschiedene Bänder (Ligamente) oder auch Sehnen sorgen für die notwendige Stabilität. Sie bestehen aus festen Bindegewebsfasern mit kaum Blutgefäßen oder Nerven. Die Bänder des Knies verbinden den Oberschenkelknochen und das Schienbein miteinander. Gemeinsam sorgen sie für Fixierung und Beweglichkeit, indem sie die Knochen und die Kniescheibe beweglich in ihrer Position halten.
Das Kniegelenk mit seinen stabilisierenden Bändern in der Vorderansicht © bilderzweg /Fotolia
Die Kreuzbänder verlaufen im Inneren des Kniegelenks zwischen den Enden des Oberschenkelknochens:
- Das vordere Kreuzband (Ligamentum cruciatum anterius) und
- das hintere Kreuzband (Ligamentum cruciatum posterius) sitzen zwischen Schienbein und Oberschenkelknochen und verlaufen schräg gegenläufig.
- Sie sind permanent gespannt und stabilisieren das Kniegelenk bei Bewegungen des Beins auf einer horizontalen Achse. Das Kniegelenk verschiebt sich dadurch nicht nach vorne oder hinten.
Zwei Seitenbänder verlaufen an der Innen-und Außenseite des Knies:
- Das Innenband (Ligamentum collaterale mediale) verläuft an der Innenseite des Knies vom Oberschenkelknochen zum Schienbeinschaft. Dort verhindert es, dass sich das Kniegelenk bei einer Bewegung des Fußes nach außen oder nach innen verschiebt.
- Das Außenband (Ligamentum collaterale laterale) verläuft an der Außenseite des Knies vom Oberschenkelknochen zum Wadenbeinköpfchen. Es verhindert bei einer Bewegung des Fußes nach innen eine Verschiebung des Kniegelenks nach außen.
- Die Seitenbänder stabilisieren das Kniegelenk bei seitlichen Bewegungen der Füße und sind nur gespannt, wenn das Bein gestreckt ist.
Der Bandapparat des Knies in der Vorderansicht
Die Kniescheibe ist mit zwei weiteren Bändern verbunden:
- Die Quadriceps-Sehne befindet sich oberhalb der Kniescheibe
- und das Kniescheibenband verläuft unterhalb.
- Beide sorgen für eine stabile und bewegliche Kniescheibe.
Wenn die Bänder erschlaffen oder zu lang sind, können sie das Kniegelenk nicht mehr richtig stabilisieren. Auch eine Überdehnung der Bänder hat diesen Effekt, häufig bemerken Sie lockere Bänder an umknickenden Füßen oder wenn das Kniegelenk plötzlich nach hinten springt.
Die Kniegelenkkapsel
Die Gelenkkapsel (Capsula articularis genu) umhüllt alle Gelenkflächen des Kniegelenks. Sie besteht aus zwei bindegewebigen Schichten:
- der stabilisierenden Faserschicht (Membrana fibrosa)
- und der Gelenkinnenhaut (Membrana synovialis).
Die stabilisierende äußere Schicht ist an der Gelenkrückseite sehr fest und besitzt viele Rezeptoren des Nervensystems. So kann das Gehirn die genaue Stellung und Lage des Kniegelenks jederzeit exakt erfassen und das Zusammenspiel mit den Muskeln der gesamten Beine lenken.
Indem die Gelenkinnenhaut die wichtige Gelenkflüssigkeit (Synovia) bildet, stellt sie die Ernährung der Knorpelschicht sicher. Die Gelenkkapsel passt sich den Bewegungen des Knies – Beugung und Streckung – an und verteilt die Gelenkflüssigkeit dabei im Kniegelenk.
Die Gelenkknorpel (engl. articular cartilage) bilden mit der Gelenkkapsel (engl. articular capsule) eine Pufferschicht zwischen den Knochen
Knorpel – wichtige Gelenkpuffer
Ohne Gelenkknorpel würde jede Bewegung des Knies sehr schmerzhaft sein, denn diese Schicht verhindert, dass die Knochen direkt aufeinander liegen und sich reiben. Überall, wo sich die Kniegelenksknochen berühren, sind diese Kontaktflächen mit einer mehreren Millimeter dicken, sehr glatten, elastischen und weißlichen Knorpelschicht überzogen. Diese Schicht besteht aus lebenden Knorpelzellen, die in ein stützendes Matrixgewebe eingebettet sind.
Seine Funktion als Puffer und Stoßdämpfer erfüllt der Kniegelenksknorpel deshalb so gut, da er enorm druckelastisch ist. Jede Kraft, die auf sie einwirkt, verformt die Knorpelschicht zunächst, bis sie bei nachlassendem Druck wieder ihre ursprüngliche Form zurückerhält.
Der Knorpel selbst besitzt keine Blutgefäße, diese könnten den hohen Druck im Gelenk nicht ausgleichen. Die Knorpelzellen nehmen die Nährstoffe der Gelenkflüssigkeit auf und „schmieren“ das Gelenk dadurch. Aus diesem Grund ist Bewegung die beste Pflege für Ihre Gelenke, denn mit jeder Gelenkbeugung und -streckung wird die Knorpelschicht wie ein Schwamm gepresst und die Aufnahme der nährenden Gelenkflüssigkeit aus der Gelenkkapsel begünstigt.
Die Menisken – zwei Stoßdämpfer im Kniegelenk
Das Kniegelenk verfügt über zwei aus Bindegewebe und elastischem Knorpel bestehende Zwischengelenksscheiben, die den Bewegungen des Knies folgen können. Diese Zwischengelenksscheiben werden als Menisken bezeichnet.
Die Bezeichnung Meniskus greift das griechische Wort für Mond auf und beschreibt damit gut die halbrunde Form dieser Knorpelkissen im Kniegelenk. Beide Menisken befinden sich zwischen dem gerundeten Ende des Oberschenkelknochens und dem eher flachen Kopf des Schienbeins. Dort gleichen sie die Formunterschiede zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein aus.
Der etwas größere Innenmeniskus (Meniscus medialis) ist mit dem mittig sitzenden Innenband und der Gelenkkapsel verwachsen. Daher ist er unbeweglicher und verletzungsanfälliger als der der Außenmeniskus (Meniscus lateralis).
Die Menisken vergrößern die Gelenkfläche des Knies und verteilen so den Druck auf das Gelenk optimal. Sie wirken wie ein Stoßdämpfer.
Außenmeniskus und Innenmeniskus vergrößern die Gelenkfläche im Knie © bilderzwerg / Fotolia
Eine besondere Belastung für die Menisken sind schnelle Bewegungen, bei denen das Knie gedreht oder gebeugt wird. Sportarten, die schnelle Reaktionen erfordern, wie zum Beispiel Tennis oder Basketball, fordern das Knie und seine Menisken besonders. Aber auch lang andauernde Überlastungen bei Arbeiten auf den Knien, wie zum Beispiel im Garten oder bei handwerklichen Tätigkeiten bedeuten für das Knie Schwerstarbeit. Achten Sie hier auf Pausen, ausgleichende Bewegungen und eine starke Beinmuskulatur, die das Kniegelenk indirekt schützt.
Die Schleimbeutel – Zusätzlicher Gelenkschutz
Die Anatomie des Kniegelenks hält eine Reihe an Puffern, Stoßdämpfern und druckausgleichenden Strukturen für die Anforderungen des Alltags bereit. Die Schleimbeutel gehören dazu und fangen eine erhöhte Druckbelastung auf das Gelenk ab. Sie haben die Form von Kissen, die mit Gelenkflüssigkeit gefüllt sind. Verschiedene Schleimbeutel liegen vor, hinter und über der Kniescheibe. Auch an der Innenseite und Rückseite des Knies gibt es diese Kissen. Alle diese Schleimbeutel puffern Druck- und Zugbelastungen auf das Kniegelenk ab. Werden sie durch einseitige oder schnelle Bewegungen überlastet, können sie sich entzünden (Bursitis).
Eine Schleimbeutelentzündung im Kniegelenk © Henrie / Fotolia
Knieschmerzen – Ursachen, Therapie und Vorbeugung
Erkrankungen und Verletzungen
Wenn das Knie schmerzt, ist die Lebensqualität schnell beeinträchtigt und der Alltag nur noch mühsam zu bewältigen. Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers und deuten darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung ist. Forschen Sie mit Ihrem Arzt den Ursachen für Schmerzen im Knie in jedem Fall nach und achten Sie auf diese Warnsignale. Knieschmerzen können durch Überlastungen entstehen oder durch Verletzungen und Unfälle aufkommen. Auch Fehlstellungen der Knie oder Füße spielen eine Rolle, wenn der Schmerz ins Kniegelenk fährt.
Erkrankungen und Verletzungen des Kniegelenks sind:
- Arthrose und Arthritis: Knorpelschädigungen im Knie führen zu Schmerzen und Entzündungen
- Schleimbeutelentzündung
- eine Bakerzyste, bei der Flüssigkeit aus der Gelenkkapsel austritt, in den Schleimbeutel der Kniekehle fließt und sich dort sammelt
- Bänderrisse: dabei kann das Kreuzband oder der Meniskus reißen
- Knieinstabilität: bei Verletzungen der Menisken und Bänder verliert das Knie seine Stabilität
Behandlungsmöglichkeiten bei Knieproblemen
Bei Erkrankungen des Knies können je nach Ursache und körperlichem Zustand verschiedene Behandlungen helfen. Ruhe oder Bewegung, Kühlung oder abschwellende und schmerzlindernde Medikamente können erste Linderung verschaffen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden, gemeinsam können Sie einen individuellen Therapieplan erstellen. Ziel einer jeden Behandlung des Knies ist die Schmerzlinderung und eine Verbesserung Ihrer Beweglichkeit.
Konservativ behandelte Knieschmerzen mit einer speziellen Bandage © Picture-Factory / Fotolia
Wenn alle konservativen Therapiemöglichkeiten, das heißt alle Maßnahmen außer chirurgischen Eingriffen, ausgeschöpft sind, kann eine Knieoperation angezeigt sein. Diese kann minimal-invasiv durchgeführt werden, bei der zum Beispiel die Knorpelschicht behandelt wird. Das Kniegelenk kann zudem auch teilweise oder vollständig durch eine Knieprothese ersetzt werden. Nach einer Knieoperation folgen in der Regel Reha-Maßnahmen und Nachsorgeprogramme sowie Physiotherapie.
Vorbeugung von Schmerzen im Kniegelenk
Auch Über- oder Fehlbelastungen des Knies, etwa durch Übergewicht oder übermäßigen Sport, können schmerzhafte Beschwerden im Knie verursachen. Wenn Sie Ihr Körpergewicht im Normalbereich halten (Orientierung am BMI) und übermäßige Belastung des Knies nicht zur Regelmäßigkeit werden lassen, dann tun Sie Ihren Gelenken bereits einen großen Gefallen.
Gelenkpflege schließt auch immer eine belastbare Muskulatur mit ein. Sind die Muskeln der Ober- und unterschenkel verkürzt, wirken starke Zugkräfte auf das Kniegelenk. Dehnung und ausgleichende Übungen sowie Muskelaufbau beugen Knieschmerzen vor.